Wirtschaftliche Aufklärungspflichten des Arztes

Der Arzt muss den Patienten nicht nur über medizinische Aspekte aufklären, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch über wirtschaftliche. Das klingt einleuchtend, wenn man bedenkt, dass viele medizinische Maßnahmen nicht gerade kostengünstig sind. So auch in dem Fall, den das Hessische Landessozialgericht unter dem Aktenzeichen: L 8 KR 313/08 mit Urteil vom 28.04.2011 entschieden hat. Hier sollte die schwer erkrankte, palliativ versorgte Patientin doch tatsächlich ohne Vorwarnung mehr als 77.000 €  aus eigener Tasche zahlen!

77.000 € selbst zahlen? Nicht, wenn der Arzt einem das nicht vorher gesagt hat!

Die gesetzlich versicherte Patientin im Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie der Universitätsklinik Frankfurt im Sommer 2005 durch ein Verfahren der transarteriellen Chemo-Perfusion behandelt. Hierbei handelt es sich um eine lokale Chemotherapie, bei der mittels Angiografie größere Organabschnitte über versorgenden Arterien mit Zytostatika über 30 – 60 Minuten durchflutet werden. Die Behandlung erfolgt wegen der Angiografietechnik durch Radiologen.

 Die gesetzlich versicherte Patientin musste in der Klinik zwar ein Formular für private Behandlungen unterschreiben, allerdings ging weder hieraus noch aus einem Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder aus sonstigen Umständen hervor, dass diese Behandlung nicht als vertragsärztliche Leistung anerkannt ist und die Kosten dementsprechend nicht von der Krankenkasse übernommen werden. Das erfuhr sie dann erst, als ihr eine Rechnung in Höhe von über 77.000 € ins Haus flatterte und ihre Krankenkasse die Zahlung verweigerte.

Mit dieser Rechnung ging die Patientin vor die Sozialgerichte und hatte zumindest teilweise Erfolg. Klärt der Arzt, so das Hessische Landessozialgericht, den Patienten vor der Behandlung nämlich nicht über voraussichtlich entstehende Kosten hinreichend deutlich auf und ist für den Patienten auch nicht erkennbar, dass er sich außerhalb des Systems der gesetzlichen Krankenkassen bewegt, so muss die Krankenkasse die entstandenen Behandlungskosten ausnahmsweise übernehmen. Die Zahlungspflicht der Kasse besteht dann jedoch nicht auf unbestimmte Zeit; vielmehr muss die Patientin ab dem Zeitpunkt selbst zahlen, ab dem sie von dem Umstand, dass die Kasse eigentlich nicht zur Kostenübernahme verpflichtet ist, Kenntnis erlangte.

 Für den vom Hessischen Landessozialgericht entschiedenen Fall ergab sich daraus, dass der Patientin immerhin etwa 18.000 € in Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V erstattet wurden.

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