In punkto Wartezeit keine Verbesserung

Der Koalitionsvertrag sollte es richten, doch getan hat sich hinsichtlich der teils langen Wartezeiten auf einen Arzttermin bisher nichts. Im CDU/SPD- Koalitionsvertrag wurde festgelegt, dass Patienten künftig nicht länger als 4 Wochen auf einen Arzttermin warten sollten. Sollte der Patient innerhalb dieser Zeit keinen Termin bekommen können, kann er sich an die Termin-Servicestelle wenden. Kann auch dadurch kein Termin vermittelt werden, so steht es dem Patienten frei, sich auf Kosten der niedergelassenen Ärzte an eine Klinik zu wenden.

Ein Test, den die Redaktion der FAS im Juni 2014 durchführte, hat jedoch gezeigt, dass sich trotz des verheißungsvollen Plans der Koalition in der Praxis nichts geändert hat: „Mehr als die Hälfte der Kassenpatienten wartet beim Facharzt länger als vier Wochen auf einen Termin oder bekommt überhaupt keinen – sofern sie keine dringenden Notfälle sind“ (FAS vom 15.06.2014).

Wir wollen der Sache näher auf den Grund gehen und fragen: Was ist die Ursache für die langen Wartezeiten? Die Politik, die Patienten, die Ärzte, ein etwaiger Ärztemangel? Vermutlich haben alle dieser Aspekte einen gewissen Anteil an der Misere.

Es gibt Patienten, deren Verhalten in Bezug auf Arztbesuche fragwürdig erscheint. So gehen etwa einige Patienten bei jeder Kleinigkeit (etwa bei einem Räuspern oder leichtem Kratzen im Hals) zum Arzt. Andere gehen von einem Arzt zum nächsten. Hierüber berichtete auch Der Spiegel in der Ausgabe 13/2014 unter dem Stichwort „Ärzte-Hopping“. Demnach gehen einige Patienten pro Jahr zu einer Vielzahl von Ärzten – häufig konsultieren sie sogar mehrere Ärzte derselben Fachrichtung. Besonders ältere Menschen sind häufiger in einer Arztpraxis anzutreffen; einmal pro Woche den Arzt aufzusuchen ist für einige ältere Versicherte keine Ausnahme – und das hängt nicht nur damit zusammen, dass sie tatsächlich häufiger an Krankheiten leiden, sondern scheint auch mit Vereinsamung und sozialem Kommunikationsverhalten zu tun haben. Letztlich führt ein solches Patientenverhalten dazu, dass für schwerer Erkrankte Ressourcen fehlen.

Aber auch die Ärzte selbst sind Teil der Misere: Immer wieder hat man das Gefühl (das sich in vielen Fällen auch bestätigt hat), dass Privatpatienten Kassenpatienten vorgezogen werden. Fraglich ist allerdings, inwiefern man dies den Ärzten zum Vorwurf machen kann, denn auch Ärzte müssen ökonomisch denken. Jede Praxis hat ein bestimmtes Budget. Überschreitet eine Praxis sodann eine bestimmte Anzahl an Kassenpatienten, so erhält sie für jeden weiteren Patienten weniger Geld. Eine Einkommenssteigerung seitens der Ärzte ist in dem Fall nur möglich, wenn sie mehr Privatpatienten behandeln oder Behandlungen durchführen, für die die Patienten selbst aufkommen müssen (sogen. IGEL-Leistungen). Sicherlich ist anzunehmen, dass zahlreiche Ärzte nicht weniger als 60 Stunden pro Woche arbeiten und bemüht sind, die Wartezeiten für Patienten möglichst kurz zu halten.

Gibt es also zu wenige Ärzte für zu viele Patienten? Wir hatten uns bereits in einem anderen Aufsatz mit dem Thema „Ärztemangel“ auseinandergesetzt (siehe: „Droht Deutschland ein Ärztemangel?“). Das Fazit lautete, dass es wohl keinen flächendeckenden Ärztemangel gibt oder die Befunde jedenfalls nicht eindeutig sind. Außerdem werden Stimmen laut, die meinen, es gebe nicht zu wenige Ärzte; tatsächlich würden sich sogar gerne einige Ärzte (darunter wohl in erster Linie Therapeuten) selbstständig machen wollen, doch mache die Politik diesem Vorhaben einen Strich durch die Rechnung, und zwar durch die Bedarfsplanungsrichtlinien. Es ist so, dass Ärzte nicht nach Belieben eine Praxis eröffnen können, sondern häufig erst warten müssen, bis ein anderer Arzt seine Praxis geschlossen hat. Die Zahl der Praxen ist begrenzt und wird durch die Krankenkassen und die Kassenärztlichen Vereinigungen festgelegt. Diese Restriktion soll den Kassenarztpraxen eine Art Grundeinkommen sichern. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) erhalten von den Krankenkassen eine bestimmte Summe, die sie auf alle Ärzte verteilen müssen. Gibt es allerdings zu viele niedergelassene Ärzte, so sinkt entsprechend das Honorar für alle Ärzte.

Das Thema „Wartezeit“ ist also viel komplexer, als es zunächst scheinen mag. Insofern ist unklar, wie das Problem mit den langen Wartezeiten in den Griff zu kriegen ist. Eine Lösung scheint in kurzer Zeit nicht in Sicht zu sein.

 
Quellen:
- Artikel „Fünf Wochen auf den Arzt warten“ in der FAS vom 15.06.2014
- „Weltmeister beim Ärzte-Hopping“, Der Spiegel 13/2014, S. 109

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