Abzocke und Befundfehler beim Zahnarzt
Die Illustrierte „Stern“ und die Fürther Ergo Direkt Versicherung haben vor nicht allzu langer Zeit eine Studie in Auftrag gegeben, in der die Qualität des zahnärztlichen Erstbefundes genau unter die Lupe genommen wurde. Was dabei herauskam, ist erschreckend: Jeder dritte Befund ist falsch!
Über dieses dramatische Ergebnis berichtete der „Stern“ in seiner Ausgabe vom 08.12.2011 (Nr. 50, Seite 108 ff.). In dem Artikel wird deutlich, dass Zahnärzte sich zwar gerne einen Spitzenruf zuschreiben, aber dieses Selbstbild offensichtlich in krassem Gegensatz zur Wirklichkeit steht.
Die Gutachter fanden heraus: „In mehr als 70 Prozent der getesteten Praxen wurden die Mindesterwartungen an eine sorgfältige Befund- und Beratungstätigkeit nicht erfüllt.“ Es ist weiterhin von Schlamperei, Trickserei und Betrügereien in dem Artikel die Rede.
So wurde etwa vorhandener Karies nicht erkannt, während nicht bestehende Karies hinzugedichtet wurde. Häufig wurde auch Parodontitis nicht erkannt. Diese zu übersehen kann jedoch fatale Folgen haben und sich auf den gesamten Organismus nachteilig auswirken.
Und wer nun meint, wenigstens vorhandene Löcher in den Zähnen müsste ein Zahnarzt doch wohl erkennen können, der täuscht sich: In einem Fall fand ein Arzt von sechs Löchern kein einziges! Der Studie liegen zwar nur stichpunktartige Proben zugrunde, jedoch gehen Experten davon aus, dass diese Ergebnisse dennoch realistisch und repräsentativ für ganz Deutschland sind.
Ähnlich besorgniserregende Zahlen finden sich im Bereich des Zahnersatzes. So ergab eine bereits Anfang der 90er Jahre durchgeführte Untersuchung von Münsterischen Zahnmedizinern, dass bei mehr als der Hälfte der untersuchten Zahnersatz-Arbeiten eine Neuanfertigung geboten wäre. Es steht zu befürchten, dass die Zahl heutzutage hiervon nicht deutlich abweichen würde. Ein Grund für die mangelhaften Arbeiten stellt sicherlich der zunehmende Zeit- und Kostendruck der Zahnärzte dar.
So ist es auch nicht verwunderlich, wenn sie auf der Suche nach neuen Einnahmequellen immer erfinderischer werden. Insbesondere bei der Aufstellung von Heil- und Kostenplänen sollten Patienten ihrem Zahnarzt nicht blind vertrauen, denn gerade in diesem Bereich waren bei verschiedenen Zahnarztpraxen eklatante Abweichungen zu verzeichnen. Viel zu häufig werden heutzutage Luxussanierungen vorgeschlagen, die nicht notwendig, aber dafür umso kostenintensiver sind.
Festgestellt wurde außerdem, dass sich in einer Zahnarztpraxis häufig zu schnell Routine einschleicht und dadurch Nachlässigkeiten zum Nachteil des Patienten entstehen. Ratsam wäre es in jedem Fall, wenn sich die organisierte Ärzteschaft in kritischer Selbstreflexion übte und sich ihr eigenes Fehlverhalten vor Augen führen würde, denn wie soeben dargestellt, trifft das oben beschriebene Selbstbild häufig nicht zu. Und wenn weniger Nachlässigkeit bestünde, würden vorhandene behandlungsbedürftige Situationen wie etwa Karies in mehr Fällen erkannt werden, sodass sie an anderer Stelle nicht erfunden zu werden bräuchten.
Bis sich die Gesamtsituation positiv entwickelt hat, heißt es jedenfalls: Augen auf auch bei der Zahnarztwahl.
Wie man einen guten von einem schlechten Zahnarzt unterscheiden kann wird nicht nur in dem Stern-Artikel thematisiert, sondern auch die Stiftung Warentest hat sich eingehend mit dem Thema beschäftigt. Auf deren Internetseite gibt es unter http://www.test.de/Special-Zaehne-Vorbeugen-pflegen-behandeln-1237297-0/ eine Rubrik, die sich den Zähnen widmet. Dabei geht es neben der richtigen Zahnarztwahl insbesondere auch darum, wie man die Zähne richtig pflegt und den typischen Zahnproblemen vorbeugen kann – damit ein Besuch beim Zahnarzt am besten lediglich der Kontrolle dient. Denn Vorsorge ist ja bekanntlich immer besser als Nachsorge.